Gutes sieht man gerne öfter

Werner Hansch serviert im KuZ den gewohnt leckeren Ehrungs-Cocktail

Dieselbe Prozedur wie jedes Jahr: Kein Silvester ohne "Tea for two", kein Freitag in der Nachkarnevalswoche ohne Sportlerehrung in Herne. Alles schon mal da gewesen - diesen Eindruck hatten die meisten der Besucher im proppevollen Kulturzentrum. Aber gute Filme schaut man sich gern öfter an. Oder sogar jährlich. Den "Butler" mimte, wie sollte es anders sein, der gute Werner Hansch. Zum 25. Mal mittlerweile, wie OB Wolfgang Becker in seiner Begrüßung hervorhob. Für diese Verbundenheit mit seiner heimlichen Heimat überreichte Becker dem Recklinghäuser eine Skulptur des Wanner Künstlers Bruno Unkhoff. Ihr Name: "Schichtwechsel". Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Denn Werner Hansch lief bei seiner Jubiläumsveranstaltung zur Hochform auf. Spritzig und locker servierte die "Stimme des Ruhrgebiets" den gewohnt-schmackhaften Ehrungs-Cocktail. Und verkniff sich auch nicht den einen oder anderen Seitenhieb auf die aktuelle Lage. Gottseidank sei das Kulturzentrum ja noch nicht verkauft und in einen Supermarkt umgewandelt, scherzte er und blinzelte aus dem Scheinwerferlicht auf den Saal mit seinem 70er-Jahre-Charme. Und selbst die Kanalisation, von vielen Nachbargemeinden per Cross-Boarder-Geschäft in die USA verhökert, sei immer noch im städtischen Besitz. Aber als ihr "höchstes Gut", so der SAT-1-Mann, betrachte die Stadt Herne immer noch den Sport. Dem "Pakt für den Sport" hätten sich alle politischen Parteien verpflichtet, lobte Hansch. Deren Vertreter hörten es gern - und sonnten sich im warmen Applaus des Publikums. Dem heizte alsdann das "gospelprojekt-ruhr" mit Gaststar Darren Lee Frazier kräftig ein, bevor die kleinen Volleyball-Mädchen der SG Friedrich der Große pritschend und baggernd Kostproben ihres Könnens zeigten.

Dem gewohnten Drehbuch folgend, eröffneten die Bronzeplaketten-Empfänger den Ehrungsmarathon. Angeführt von den Damen des Vereins Herner Kegler über Minigolfer, Schützen und Ruderer bis hin zu den Judoka betraten viele die Bühne, die sich hier jedes Jahr ihre Plakette abholen. Völlig zurecht, wohlgemerkt. Denn Jahr für Jahr Höchstleistungen abzuliefern, ist auch in Randsportarten aller Ehren wert. Und Herne ist ein Eldorado der Randsportarten, wie auch Werner Hansch nicht entging. Sein Wunsch, irgendwann mal wieder mit dem Ü-Wagen nach Herne zu kommen, um Fußball zu übertragen, wird wohl in diesem Leben kaum noch in Erfüllung gehen. Doch Fußball ist nicht alles, wie auch die Silberehrung bewies. Sitzballerinnen und Prellballer, Taekwon-Do-Kämpfer, Boxer, Gewichtheber und Bogenschützen füllten die Bühne. Und mancher staunte über die Bandbreite der Sportarten, die in dieser Stadt auf hohem und höchstem Niveau betrieben werden.

Dass es in Herne auch einen wahrhaftigen Weltmeister in einer olympischen Disziplin gibt, hat sich dagegen längst herumgesprochen: Bernd Heidicker, Schlagmann des deutschen Gold-Vierers vom Ruderverein "Emscher" und seit Jahren einer der Protagonisten der Sportlerehrung, war am Freitag nur virtuell zugegen. Während sich Heidicker, ebenso wie seine Teamkameradin und WM-Dritte Annina Ruppel, im italienischen Trainingslager quälte, flimmerte im KuZ die Videoaufzeichnung seines WM-Endlaufs von Sevilla über die Großbildleinwand - eine gelungene Einstimmung auf die Ehrung der "Goldsportler", allesamt Deutsche Meister des Jahres 2002. Wie Janina Jeworutzki, die 16-jährige Turnerin, wie Fritz Drechsel, der Kegler, wie die Gewichtheberin Sabrina Beyer oder wie die Prellballer der VSG Wanne-Eickel. Verhindert waren die Bogenschützen des BC Sherwood. Aus gutem Grund, mussten sie doch zur gleichen Zeit bei der "Deutschen" ihren Mannschaftstitel verteidigen. Mit Erfolg, wie Werner Hansch aktuell bekannt gab. Und das Publikum jubelte. In dieser prächtigen Stimmung hatten die drei Tanzpaare der VTG Grün-Gold Recklinghausen leichtes Spiel, zumal der Blick fast zwangsläufig von den nicht immer perfekten Schrittfolgen auf die gewagten Outfits der Damen wanderte.

Weniger gewagt, aber durchaus ungewöhnlich war der Preisträger, den SSB-Chef Jürgen Cokelc auf die Bühne bat: Den beiden Vertretern der Herner Sparkasse, seit vielen Jahren verlässlicher Partner des Sports, überreichten Cokelc und sein Vorgänger Lothar Sommer den Ehrenpreis des Stadtsportbundes. Ein herzliches, ehrlich gemeintes Dankeschön an das Institut, ohne dessen Hilfe auch dieser Abend nicht möglich gewesen wäre. Nach der Sonderehrung für großartige Herner Sportler "in fremden Trikots" wie Sprint-Ass Silke Maurer, Langstreckler Hendrik Bollmann oder die Duathleten Roland Steinmetz und Leonie Toffel leitete ein weiterer Altbekannter zum Finale über: Volker Dietz, der Polizist, der auch "auf seine alten Tage" die Finger nicht vom Turnen lassen kann. Salti, Felgen und Überschläge, choreographisch verpackt in eine temporeiche Fitness-Show - das kam an im Saal. Nicht nur die Damen starrten auf die bestens definierten Muskelberge des Herner Show-Talents. Prasselnder Beifall war Dietz' Lohn. Und den kassierten zum guten Schluss auch die Sieger bei der Wahl zur Mannschaft des Jahres. Mehr als ein Viertel der WAZ-Leser hievten den B-Jugend-Achter des RV Emscher auf den ersten Platz, gefolgt vom Hockey-Club Herne und dem Tischtennis-Zweitligisten DJK Germania Holthausen. Hernes Top-Teams genossen den Applaus - und bedankten sich für Schecks und Pokale bei den Sponsoren. Auf ein Neues also im nächsten Jahr. Wenn das KuZ dann noch kein Supermarkt ist.

 © WAZ, 17.03.2003, Wolfgang Volmer